Was bist du eigentlich alles? Mama, Papa? Bist du Kind oder Geschwister? Chef, Chefin oder angestellt? Was ist mit deiner Rolle als FreundIn oder PartnerIn? Und was habe ich jetzt alles noch nicht aufgezählt?! Ich frage aber was anderes: WER bist du überhaupt?
Oft stecken wir in Rollenspielen fest. Auch wenn du glaubst, das ist nichts für dich, tust du es trotzdem. Jeden Tag. Und du bist wahrscheinlich richtig gut darin! „Leider“
Hast du dir schon einmal vor Augen geführt, wieviele verschiedene Persönlichkeiten du zwischen deinen Ohren parkst? Sie alle sind wichtig und haben ihren berechtigten Platz, sie alle meinen aber jeweils auch oft der einzig relevante Persönlichkeitsanteil zu sein. Und so kommt es schnell zu Rollenkonflikten, die auf der Bühne des eigenen Denkens, Fühlens und (körperlichen) Empfindens ausgetragen werden.
Aus einem Individuum wird in einer Partnerschaft schnell jemand, der Kompromisse eingeht. Als Mama oder Papa werden die eigenen Bedürfnisse leicht als unwichtig erklärt. Im Job geben wir unser Bestes, sind aber zugleich „Opfer“ (auch das ist eine Rolle) von Systemen, Kunden, Vorgesetzten, etc.
Gesellschaftlich gesehen ist es unglaublich praktisch, dass wir so veranlagt sind und unseren Wesenskern hinter das Wohl aller, oder zumindest der Familie, etc. stellen. Für unseren Seelenfrieden, die innere Balance und die Selbstentfaltung aber tun wir uns nichts Gutes. Im Gegenteil:
Wenn wir in unseren Rollen aufgehen, den persönlichen Wesenskern aber vernachlässigen,
dann werfen wir einen wesentlichen Teil von unserem „Geschenk Leben“ weg.
Somit untergraben wir jene Kraft, die uns unsere gewählten Rollen spielen lässt.
Ein Spiel, das jeder über kurz oder lang verliert!
Häufig sind genau solche Themen Inhalt meiner Arbeit. Oft handelt es sich dabei um typische Aspekte von sogenannten normativen Krisen(*). Beim Eintritt in eine neue Lebensphase werden die Anforderungen an unsere Rollen neu definiert:
Wenn wir der Kindheit entwachsen und über die Pubertät in die Adoleszenz übergehen, sind die meisten von uns das erste Mal selber für warme Mahlzeiten, ein Dach über den Kopf, das Bezahlen von Versicherungen etc. zuständig. Werde ich Mutter so wird aus dem vorher gelernten Anspruch „ich muss jetzt für mich selber sorgen können“ oft nach nur wenigen Jahren ein „Hauptsache meiner Familie/dem Kind geht es gut“. Die Anforderungs-Kombination von Elternschaft, Berufstätigkeit und zugleich ausreichend Sex-Appeal für den/die Partnerin (um nur ein paar zu nennen) lässt meist einen Anteil hinten nach japsen: unsere individuelle Persönlichkeit.
Ändert sich allerdings unser System durch eine neue Lebensphase oder es kommt die nächste normative Krise auf uns zu und verlieren wir dadurch unsere gewohnten Rollen-Schwerpunkte, dann tauchen oft Fragen auf:
- Wer bin ich, wenn mich meine Kinder nicht mehr (so intensiv) brauchen?
- Was möchte ich eigentlich tun, wenn ich nicht mehr erwerbstätig sein muss?
- Wer bin ich ohne meinem Partner/meiner Partnerin?
- Was macht mich aus?
- u.v.m.
Idealerweise kümmern wir uns unser ganzes Leben lang nicht nur um andere, sondern auch liebevoll und neugierig um UNS selbst. Die Praxis schaut meist anders aus… aber es darf/es muss Platz haben:
Wer sind wir JETZT, wie sind wir und was macht uns als Individuum aus? Denn egal, was wann kommt, mit diesem wahren Selbstbewusstsein (ja, über den Begriff darf man nachdenken!) sind wir in keiner Situation mehr allein.
Bleiben wir mit uns selbst und unserem Wesen verbunden haben wir außerdem viel mehr Kraft, uns um andere Menschen zu kümmern: authentisch, mitfühlend und konstruktiv!
Meine Tipps:
Plane dir Zeit für dich ein! Es geht! Es ist eine Frage der Prioritäten!
Nimm dich nicht so wichtig! Frech oder? Tatsächlich sind wir öfter ersetzbar, als wir meinen und – Tadaaaa! – das ist eine gute Nachricht, denn so wird Zeit für uns frei!
Probiere einmal in der Woche etwas Neues aus! Es kann eine Speise sein, ein Filmgenre oder eine Musikrichtung, wo du einfach mal reinhörst. Lies ein anderes Buch als sonst, probiere ein neues Hobby aus… du wirst überrascht sein, bei wievielten Dingen dein Herz interessiert ist!
Reflektiere, welche Themen dich als junger Mensch schon interessiert haben und ob sie nicht irgendwie im Laufe deines Leben doch immer wieder sanft an deine Tür geklopft haben. Oft sind in alten Leidenschaften Begleiter fürs Leben verborgen.
Das Wichtigste:
Erlaube dir, dich selbst zum besten Freund/zur besten Freundin zu machen.
Damit bist du nie allein – egal was kommt – und außerdem hast du ein starkes Fundament,
das dich die (Rollen-)Herausforderungen des Lebens leichter und herzlicher bewältigen lässt!
(*) Infos zu normativen Krisen findest du unter anderem